Care-Migrantin B. fragt nach

Care-Migrantinnen können sich im geschlossenen CareInfo-Forum austauschen und vernetzen. CareInfo fragt nach, welche Fragen sie beschäftigen. Mit der Zustimmung von Care-Migrantin B. haben wir ihre Frage an Adrian Durtschi von der Gewerkschaft UNIA weitergeleitet. Herr Durtschi gibt Antwort.

Ich bin ratlos. Ich arbeite als Care-Migrantin in einem Privathaushalt. In meinem Vertrag sind 6 Stunden Arbeit pro Tag abgemacht. Meine ArbeitgeberInnen erwarten aber mehr als 12 Stunden Einsatz von mir. Was kann ich tun?
(Frau B.)

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Liebe Frau B.

Sie sind direkt beim Privathaushalt angestellt? Dann gilt: Die Stunden, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistet werden, sind Überstunden. Sie haben das Recht, Überstunden als Freizeit zu kompensieren. Oder: Sofern Sie zustimmen, können die Überstunden mit einem Zuschlag von 25% ausbezahlt werden.

Grundsätzlich gilt, dass mindestens ein ganzer Tag in der Woche frei sein muss. Der Normalarbeitsvertrag für Hausangestellte des Kantons, in dem Sie arbeiten, regelt die wöchentliche Höchstarbeitszeit. Je nach Kanton beträgt sie zwischen 42 und 45 Stunden. Wichtig zu wissen ist auch, dass der sogenannte Bereitschaftsdienst ebenfalls bezahlte Arbeitszeit ist. Das ist die Zeit, in der Sie sich zur Verfügung des Arbeitgebers halten. Ebenfalls darf keine Person 24-Stunden-Betreuung durchgehend leisten.

Arbeiten Sie für eine Betreuungsagentur? Auch hier gilt: Jede Stunde Arbeit muss entlohnt werden. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 50 Stunden und das kantonale Arbeitsinspektorat kontrolliert das auf Ihren Wunsch. Fehlerhafte Arbeitsverträge können Sie bei der Unia oder der Kontrollstelle des GAV melden.

Wichtig ist in jedem Fall, dass bei jeder Anstellung die Details wie Arbeitszeit, Freizeit, Lohn und Entschädigung in einem schriftlichen Arbeitsvertrag geregelt werden. Sprechen Sie Ihre ArbeitgeberInnen also direkt darauf an und zeigen Sie ihnen Ihre Rechte auf. Sollten Sie trotzdem 12 statt 6 Stunden arbeiten müssen, schreiben Sie unbedingt jede einzelne Stunde auf. Dies zählt später als Beweis: Sie haben die Möglichkeit, bis zu fünf Jahren später, bei einem Arbeitsgericht die Differenz einzufordern. Meistens ist dies unentgeltlich.

Weitere Informationen finden Sie hier auf der CareInfo-Webseite oder in der Infobroschüre der Gewerkschaft Unia. Sie können auch in einer Gewerkschaft aktiv werden, z.B. bei der Unia. Gewerkschaften bieten Rechtsberatungen an. In verschiedenen Städten gibt es mittel- und osteuropäische BetreuuerInnengruppen, welche sich regelmässig austauschen und sich gegenseitig helfen.

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Adrian Durtschi,

Branchenleiter Betreuung im Privathaushalt der Gewerkschaft Unia

 



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