Ein Tag im Leben von …

CareInfo fragt bei Care-Migrantinnen nach, wie ihr Arbeitsalltag aussieht. Care-Migrantin M. und Care-Migrantin E. arbeiten beide seit mehreren Jahren in der Deutschschweiz in unterschiedlichen Regionen. Sie berichten von einem normalen Arbeitstag.

Ein Tag im Leben von Care-Migrantin M., aus Ungarn
Name der Redaktion bekannt

Care-Migrantin M. betreut Frau Z., die fast blind ist. Sie hat keine Verwandte mehr; ihre beste Freundin, die sie regelmässig besucht hat, ist vor kurzem gestorben.

04:30 – Frau Z. ruft sehr laut aus dem Bett («Huhuuu»), meine Zimmertüre steht immer offen, damit ich sie höre. Ich stehe aus dem Nebenzimmer auf und gehe zu ihr. Sie ist ganz durcheinander.
05:00 – Frau Z. ruft wieder aus dem Bett, ich stehe wieder auf. Diesmal hat sie Durst und ich bringe ihr etwas zu trinken.
05:30 – Frau Z. ruft zum dritten mal. Sie hat Hunger und ich bringe ihr ein Stück Brot.
07:00 – Ich bereit das Frühstück vor, es gibt Kaffee mit Weckli. Manchmal will sie schon um 6 Uhr frühstücken, manchmal schläft sie auch bis um 8 Uhr.
07:30 – Ich esse Frühstück mit Frau Z.
08:30 – Die Spitex kommt für die Körperpflege, ich helfe mit.
09:30 – Die Spitex geht wieder, ich räume auf, mache alles in Ordnung, putze und koche das Mittagessen.
11:15 – Ich mache Fusspflege für Frau Z. (das mache ungefähr 1x in der Woche).
12:15 – Ich esse Mittag mit Frau Z., manchmal will Frau Z. schon früher essen.
13:00 – Ich wasche ab und gehe einkaufen.
14:00 – Frau Z. will wieder essen, ich gebe ihr 2 Mandarinen.
14:15 – Jetzt habe ich 2 Stunden frei. Ich spaziere bis zum See und wieder zurück.
16:00 – Jetzt gibt es Zvieri mit Kaffee und Obst, ich unterhalte mich mit Frau Z., 1x in der Woche kommt die Physio am Nachmittag.
18:00 – Ich bereite das Abendessen vor und esse mit Frau Z.
19:00 – Die Spitex kommt für den Abenddienst, ich wasche die Windeln.
21:00 – Ich gebe ihr die Medikamente und trage ihr Augensalbe auf, dann ist Bettzeit.
02:30 – Frau Z. ruft aus ihrem Zimmer, ich stehe auf und gehe zu ihr. Sie hat Hunger, ich bringe ihr etwas zu essen.
04:30 – Frau Z. ruft wieder, gehe zu ihr, sie hat wieder Hunger, auch Durst.

In der Regel ruft Frau Z. 2-3 Mal in der Nacht. Sie hört den ganzen Tag Fernsehen, sehr laut. Sie will auch oft plaudern. Manchmal lese ich vor. In der letzten Zeit will sie immer essen. Früher hat sie weniger gegessen. Ich koche sehr gesund, viel Gemüse, Salat, Suppe. Früher hat sie nur Cola getrunken, jetzt trinkt sie Wasser. Der Hausarzt kommt 1x im Monat, er ist sehr nett. Ich bin i.d.R. den ganzen Tag zu Hause. Nur für den Einkauf gehe ich 1/2 Stunde weg oder für einen 20 minütigen Spaziergang an den See und wieder zurück. Ich bin immer online per Skype, so kann ich zwischendurch mit Freunden oder Verwandten aus Ungarn sprechen oder chatten.

Ein Tag im Leben von Care-Migrantin E., aus Ungarn
Name der Redaktion bekannt

Care-Migrantin E. betreut Frau T., sie ist demenzerkrankt. Ihr Mann, Herr T., lebt auch im selben Haushalt.

06:15 – Ich stehe auf.
06:30 – Ich gehe runter zum Ehepaar und ihrem Hund und bereite sein Futter vor. Frau T. gibt dem Hund das Essen.
07:00 – Wir trinken Kaffee zusammen, Frau T. isst immer ein Joghurt. Dann verlässt Herr T. das Haus und geht zur Arbeit. Frau T. und ich besprechen zusammen, was wir heute kochen.
08:00 – Wir putzen gemeinsam die Zähne und machen uns parat für den Einkauf mit dem Hund (dauert 1 Stunde).
09:00 – Wir essen Znüni und besprechen, was wir heute machen. Frau T. fragt öfters, was wir heute machen wollen, weil sie vergisst, was wir bereits besprochen haben.
09:30 – Wir putzen zusammen. Ich sauge Staub, Frau T. hat den Boden feucht aufgenommen. Heute klappts ganz gut, was nicht selbstverständlich ist.
10:30 – Wir fangen an zusammen zu kochen. Frau T. braucht Instruktionen. Ich zeige Frau T. wie sie Gemüse schneiden kann und sie macht es nach. Wir kochen immer zusammen. Damit aktiviere ich sie, ich stelle immer Fragen: Was für ein Gemüse kochen wir? Was braucht es noch?
12:00 – Herr T. kommt nach Hause und wir essen zusammen. Frau T. und ich waschen danach ab und räumen auf. Wir lesen Zeitung und reden ein bisschen.
13:00 – Jetzt machen wir eine Mittagspause. Wir sind in der Stube. Frau Z. schläft auf dem Sofa und ich lese oder schlafe auch ein bisschen.
14:30 – Wir gehen mit dem Hund spazieren, ca. 1-1.5 Stunden
16:00 – Wir essen Zvieri.
16:30 – Wir machen zusammen den Haushalt: das Bett frisch anziehen, Aufräumen, wir spielen auch mit dem Hund und bürsten ihn zusammen, manchmal spielen wir auch Puzzle oder malen Mandala.
17:45 – Ich mache wieder das Essen für den Hund parat, Frau T. gibt ihm das Essen. Dann bereiten wir das Abendessen vor.
18:15 – Herr T. kommt nach Hause, wir essen gemeinsam das Abendmahl, danach hilft mir Frau T. mit dem Abräumen.
19:00 – Fertig abgewascht.
19:00 – Wir schauen zusammen fern. Frau T. kommentiert immer, was im Fernsehen läuft, ich verstehe nicht, was da läuft.
20:00 – Ich gehe in mein Zimmer. Jetzt habe ich Zeit für meine Beziehungen, die ich per Skype pflege.

Der Tag verläuft fast immer gleich, ein Rhythmus für Demenzerkrankte ist wichtig, er gibt Sicherheit. Wir machen immer alles gemeinsam. Deshalb brauche ich für den Haushalt und das Kochen mehr Zeit, denn ich muss immer alles erklären. Wir sprechen sehr viel.



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