Der Personalverleih unterliegt neuen rechtlichen Regeln
Das Bundesgericht entschied 2021, dass Angestellte von Verleihagenturen in der sogenannten 24-Stunden-Betreuung in Privathaushalten dem Arbeitsgesetz unterstellt sind (siehe CareInfo Newsbeitrag vom Februar 2022). An einem vom SECO organisierten Runden Tisch erarbeiteten die Sozialpartner Sonderbestimmungen, welche Anfang 2025 in die Vernehmlassung gingen (siehe CareInfo Newsbeitrag vom März 2025) und am 29. Oktober 2025 vom Bundesrat verabschiedet wurden. Für Personen, die im Rahmen eines Personalverleihs als Betreuende in Privathaushalten arbeiten, gelten also ab 1. Dezember 2025 neue Regeln. Isabelle Wildhaber präsentiert eine erste Auslegeordnung.

Isabelle Wildhaber
Professorin an der Law School der Universität St. Gallen
Ein neues Regularium für den Personalverleih
Die neuen Regeln der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz (ArGV2) gelten für Betriebe, die dem Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih (GAVP) unterstehen und beinhalten u.a. Ausnahmen von der Bewilligungspflicht für Nacht- und Sonntagsarbeit, klare Regeln zum Bereitschaftsdienst sowie zur Ruhezeit. Zudem müssen Arbeitszeiten und Einsätze dokumentiert und von allen Beteiligten visiert werden. Damit unterliegen die Personalverleihagenturen nun bei der Vertragsgestaltung neben dem Arbeitsvermittlungsgesetz und dessen Verordnung (AVG und AVV), neben dem Gesamtarbeitsvertrag Personalverleih (GAVP) und neben dem Arbeitsgesetz (ArG; seit BGE 148 II 203) auch diesen neuen Regelungen für Live-ins im ArGV2. Unter der Schirmherrschaft all dieser Regulierungen sind die Arbeitsverhältnisse der im Personalverleih angestellten Live-ins sehr klar reguliert und streng kontrolliert.
Uneinheitliche rechtliche Situation für Direktanstellungen
Anders ist es regulatorisch bei Live-ins mit Direktanstellung bei der zu betreuenden Person bzw. deren Angehörigen. Auf diese kommen der Normalarbeitsvertrag (NAV) Hauswirtschaft Bund und die entsprechenden kantonalen Normalarbeitsverträge zur Anwendung (siehe kantonale Informationen auf www.careinfo.ch). Diese Uneinheitlichkeit zwischen im Personalverleih angestellten Live-ins und in Privathaushalten direktangestellten Live-ins hätte man vermeiden können, wenn die Vorgaben in der ArGV2 für alle Live-in-Arbeitsverhältnisse in Anwendung gebracht würden. Bei Live-in-Anstellungsbedingungen mit Direktanstellung im Privathaushalt herrscht somit weiterhin ein Puzzleteppich an Anstellungsbedingungen.
Mögliche Auswirkungen
Viele Schweizer Verleihagenturen werden ihre Geschäftsmodelle anpassen müssen. Eine Live-in-Betreuung rund um die Uhr via Personalverleih ist nun nur noch über einen Schichtbetrieb möglich. Das bedeutet, dass neue Betreuungsmodelle mehr Personal benötigen und erheblich höhere Kosten verursachen.
Zudem ist es für die Kundschaft (d.h. die zu betreuende Person und ihre Angehörigen) und die Live-ins schwer, sich in der Komplexität der anwendbaren Bestimmungen zurecht zu finden. In der Betreuungspraxis besteht bei der Kundschaft oftmals Unklarheit darüber, welche Arbeitsbedingungen und Regularien für die Live-ins gelten, wie viel des bezahlten monatlichen Dienstleistungspreises als Lohn an die Live-ins geht und wie hoch die Marge ist. Es wäre deshalb gut, wenn Verleihagenturen sowohl die Kundschaft als auch die Live-ins über die geltenden Regularien und Vorgaben verständlich und adressatengerecht informieren würden bzw. informieren müssten.
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